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4. Februar 2016

 

 

L’INCORONAZIONE DI POPPEA (1642)
Libretto: Giovanni Francesco Busenello
Musik: Claudio Monteverdi

Premiere: Theater der Stadt Schweinfurt am 4. Februar 2016 um 19.30 Uhr
Weitere Aufführungen: Theater Minden 7./8. März, Cuvilliés-Theater München, 13./15./16./17. April,
Lindenhalle Ehingen 26.Oktober, Theater Aschaffenburg 28. Oktober 2016,
Lessingtheater Wolfenbüttel 30. Oktober, Theater Winterthur 23./24./25. November 2016

Musikalische Leitung, Fassung: Hans Huyssen
Ensemble così facciamo

Regie, Fassung:
Martina Veh
Bühne und Kostüme: Nikolaus Maier
Licht: Benedikt Zehm

Plakatentwurf: Barbara Brinkmann
Fotos: Hermann Posch
Produktionsleitung: Eike Grunert, Alexandra Zöllner

Sänger:
Poppea, Amore, Venere: Stephanie Krug (Sopran)
Nerone: Christian Sturm (Tenor)
Ottone, Amore Terzo: Christopher Robson (Countertenor)
Ottavia, Virtù, Amore Secondo: Martina Koppelstetter (Mezzo)
Drusilla, Fortuna, Pallade, Amore Primo: Monika Lichtenegger (Sopran)
Seneca, Soldat 2, Mercurio: Joel Frederiksen (Bass)
Arnalta, Lucano, Soldat 1, Libeto: Carsten Fuhrmann (Tenor)

Ein erotischer Polit-Thriller für das Volk (1642)


Die große Liebe ist alles,
niemals aber harmlos.
Eine politische Satire auf ein untergehendes Reich.

Sein und Schein spiegeln sich im Licht der verschiedenen Perspektiven, die sich wie ein Mantel über die menschlichen Abgründe legt. Sieben Figuren auf ihrem Weg durch das Dickicht der Macht:

Nero, Tyrann eines Weltreichs, Poppea, seine Geliebte. Politische Gewalt, Ehebruch, befohlener Selbstmord in einer Welt von politischen, sozialen und ethischen Umwälzungen und Unsicherheiten. Wie geht sie aus, diese Geschichte? Der Titel verrät es.
Auch nur Menschen aus Fleisch und Blut, zwischen Himmel und Hölle in den Palästen der Macht und dem Exzess der Liebe in all ihren Facetten. Sie sind fähig – zu ihrem eigenem Erstaunen -  über Leichen zu gehen, haben aber auch ein sensibles Gespür für ihre wahren Sehnsüchte und Ängste - im Geflecht von Ehrgeiz, Erfolgsgier, Hoffnung und Verzweiflung des Daseins.

Das Spielfeld ist ambivalent zwischen Moral und Liebe. Die Kraft der Beeinflussung und Bezauberung, Intrigen in kokettierender Erotik verpackt. Die Wahrheit? Wen interessiert die schon! Frei und respektlos schaltet und waltet das Verlangen nach Liebe.

Wir haben sieben durchgehende Figuren geschaffen, auch wenn manche bezüglich des Originalmaterials der Oper, manchmal Zeilen anderer Figuren übernehmen.
Die Gegensätze bestimmen die Handlung und die Psychologie der Figuren. Nichts wünscht sich Nero mehr als Senecas Tod, den Tod dieses Staatsideologen, dessen versprochene Früchte vom Baum der bürgerlichen Erkenntnis schon verfault sind, nicht zuletzt durch sein eigenes Verhalten. Doch wer hätte gedacht, dass Seneca so konsequent sein würde, dass er den Befehl sich umzubringen auch durchführt? Wer will denn schon das Schlechte, alle wollen selbstverständlich das Gute! Die Freiheit? Wo liegen die Grenzen? Eindringliche Gesten vergeblichen Protests. Nero war selbst zu oft in seinem eigenen Leben Spielball der Kräfte der Macht. Schon zum Zeitpunkt der Handlung unserer Oper hat er ein paar Morde zu verantworten. Angeblich nicht unbeteiligt war auch der Seneca am Mord von Neros Mutter Agrippina, die Nero 16-jährig auf den Thron gehievt hatte sowie – so das Gerücht -an seinem Stiefbruder Britannicus. Selbstbestimmtheit – Neros Traum an der Seite der inspirierenden Poppea, seiner großen Liebe, einer Liebe, die alles in Frage stellt, Schönheitskönigin und stromlinienförmige Verfechterin ihres Ziels: Kaiserin von Rom zu werden. Jedes Mittel ist ihr recht. Ottone, damals verheiratet mit Drusilla, brachte sie unwillentlich sogar mit Nero in Kontakt. Wer würde so eine Gelegenheit, von Nero auserwählt zu werden, nicht nutzen wollen? Doch naiv ist sie nicht. Sie kennt die Zweifel und Abgründe einer heißen Affäre, die sich – was für ein Schicksal, wem dies widerfährt –  mit Nero tatsächlich als die große Liebe ihres Lebens entpuppt.


Ist denn der Mensch überhaupt fähig, nach ethischen Normen oder Moral zu handeln? Sind nicht immer viel niedrigere Beweggründe die Triebfeder? Gier nach Anerkennung? Machtwille? Erotik und die große Liebe? Das Verlangen nach geistiger und tatsächlicher Freiheit? Wie frei können unsere Entscheidungen sein im Spielfeld von Ideologie, Moral und Geltungssucht und Selbstsucht? Sein und Schein. Kaiserliche Machtwillkür sowie sinnliche Wahrnehmung sind schwankend und unsicher: ein Mantel über der menschlichen Verderbtheit. Diese menschliche Verderbtheit kennt keiner besser als ein Mann, der von der Straße stammt und sich um jeden Preis am Leben gehalten hat, um nach und nach immer weiter aufzusteigen in der Hierarchie, der mit Körper und Geist den Mächtigen zur Verfügung steht – was auch immer sie begehren, um ihnen als Spiegel und Amüsement, Trost und Halt zu dienen, ohne Diener zu sein. Arnalto, vom Leben und dessen Kompromissen gezeichnet, scheint der Gewinner in dem Spiel zu sein, denn zu verlieren hat er nichts. Er ist der beste Freund/in von Poppea, zu der er eine ganz besondere Beziehung pflegt: Nur mit ihr teilt er seine wahren Gedanken. Wie sollte die schöne Kaiserin Ottavia, die im Alter von 13 Jahren schon ihrem nahen Verwandten Nero angetraut wurde, die fortwährenden Schmähung ertragen? Die Hände in den Schoß legen? Auch sie versucht sich zu wehren, auch sie, die Meisterschülerin des Seneca, des Meisters der Beherrschung von Ärger, der nur die Seele zerstreut! Dennoch: sie greift zum Äußersten in der äußersten Situation ihrer Bedrohung: Sie erteilt den Auftrag zu Poppeas Mord.  Auf der anderen Seite sehen wir in ihr das  empörende Schicksal einer Verlassenen, Betrogenen. Auch Drusilla wurde betrogen. Mehrfach. Ottone ließ sie stehen damals, als die Schönheitskönigin Poppea auftauchte. Doch sobald Ottone sich an Schönheit und Pracht hängt, beginnt seine die Geschichte des Leids. Drusillas Mut, für ihre Liebe zu Ottone einzustehen, lehrt ihn am Ende der Oper wenigstens vielleicht für eine Weile, eines Besseren: Und er landet in der Hölle eines ihm zumindest geschenkten Lebens mit Drusilla. Diese gerät sie in die Falle ihrer eigenen Liebe. Blind riskiert sie ihr Leben für Ottones Machenschaften. Obwohl sie weiß, dass es seinerseits nicht Liebe ist. Aber die Hoffnung ist das Letzte was sie aufgibt. Denn sie betrachtet diese eindeutige Gefahr, der sie sich hier aussetzt - sich an dem Mord Poppeas schuldig zu machen - als eine große Chance, die Bedingungslosigkeit ihrer Liebe zu Ottone endlich unter Beweis zu stellen - und wenn er es erst an ihrem Grab begreifen sollte. Sie ist große Verehrerin von Seneca und seinen Theorien. Der Hafen des ruhigen Geistes von Seneca, sich über Äußeres zu erheben und im Innersten befriedet zu sein, scheint am Ende jedoch keiner der Figuren vergönnt. Nur Theorie also? Das Leben sei also nur scheinbar durch die Beständigkeit der Tugend steuerbar?  Das Vernünftige Denken stecke die Grenzen des Handelns ab? Affekte,  prall gefüllt mit Leben, die Ratio leer?
Der Verlust von Liebe wird empfunden als habe sich sämtliche Ordnung aufgelöst! Die Figuren sind meist zerrissen. Eiskalter Verstand und ein bittersüßer Traum voller Liebe und Lust. Desorientierung einer gestörten politischen, sozialen und ethischen Ordnung!

Was wir am Ende der Oper nicht erfahren:
Nero hat die hochschwangere Poppea zu Tode geprügelt.

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