24. März 2016
GUTENBERG
Welturaufführung:
Digitale Revolution, eine Stückentwicklung von Martina Veh
und Gutenberg, Oper in einem Akt (9 Szenen) von Volker David Kirchner
Text vom Komponisten, in deutscher Sprache mit Übertiteln
Teil I: Digitale Revolution
Konzept und Entwicklung: Martina Veh
Auszüge aus der Johannespassion (BWV245) und der h-Moll-Messe ((BWV 232)
von Johann Sebastian Bach,
kombiniert mit elektronischen Klängen von Gunnar Geisse
Musikalische Leitung Samuel Bächli
Inszenierung: Martina Veh
Ausstattung: Christl Wein, fettFilmFotos: Lutz Edelhoff
Moderator: Mark Pohl
Live Elektronik/Komposition: Gunnar Geisse
Chor: Andreas Ketelhut
Dramaturgie/Stückentwicklung: Berthold Warnecke
Uraufführung: Do, 24. März 2016, Großes Haus
Weitere Aufführungen So, 03.04. | Fr, 08.04. | So, 17.04. | Fr, 22.04.
Sopran: Daniela Gerstenmeyer
Mezzosopran: Katja Bildt
Bass: Gregor Loebel
Opernchor des Theaters Erfurt
Philharmonisches Orchester Erfurt
Kooperation mit den Thüringer Bachwochen
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Teil II: Gutenberg Uraufführung
Oper in einem Akt (9 Szenen) von Volker David Kirchner
Text vom Komponisten,
in deutscher Sprache mit Übertiteln
Musikalische Leitung Samuel Bächli
Inszenierung: Martina Veh
Ausstattung: Christl Wein, fettFilm
Zeichnungen (Video): Freddy Engel
Chor: Andreas Ketelhut
Gutenberg: Siyabulela Ntlale
Schwester (Nonne) Katja Bildt
Knabe: Cornelius Joseph/Chiara Grenzdörfer
Probst: Julian Freibott
Die Neuberin: Katja Bildt
Anführer: Reinhard Becker
Wirt: Gregor Loebel
Solo-Sopran: Daniela Gerstenmeyer
Drizehn: Won Whi Choi
Becher: Nils Stäfe
Henrici: Gregor Loebel
Geselle Rupprecht: julian Freibott
Hausdiener: Nils Stäfe
Verwundeter Mann: Won Whi Choi
1. Bürger: Julian Freibott
2. Bürger: Gregor Loebel
Emissär: Nils Stäfe
Die Haushälterin: Katja Bildt
Steven Jobs: Mark Pohl
Opernchor des Theater Erfurt
Philharmonisches Orchester Erfurt
Statisterie
Wer war Johannes Gutenberg? Er gilt ikonenhaft als jemand, der Zeit seines Lebens ein unbeirrbarer Streiter im täglichen Kampf mit Kirche und Kurfürst war. Bis heute wirkt die Geschichte von Gutenberg vor allem durch die bedeutendste Erfindung seiner Zeit fort: den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Damit wurden die Begriffe von Wissen und Macht grundlegend revolutioniert! Und in welcher Welt leben wir jetzt, 500 Jahre danach? Das digitale Zeitalter mit seinem grenzenlosen Potenzial hat das analoge Zeitalter beendet, die Galaxis Gutenberg hinter sich gelassen, die Welt zu einem Dorf gemacht, unseren Horizont ins Endlose erweitert und einen ungeahnten Schatz menschlicher Kreativität ans Licht gehoben und dadurch neue Kreativität entfesselt. Folgerichtig führt die Oper über die begrenzte Lebenswirklichkeit Gutenbergs hinaus und spannt den Bogen bis in unsere Gegenwart, um mit einem „Epilog im Himmel“ zu enden, wo „der alte Gensfleisch“ nach seinem Tod im (Cyber-)Himmel auf Apple-Gründer und Internet-Guru Steve Jobs trifft.
1942 in Mainz geboren, gehört Volker David Kirchner seit über vier Jahrzehnten zu den führenden Komponisten der Gegenwart. Gilt er einerseits als Wegbereiter und Weggefährte der Avantgarde im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, so verleugnen seine musikalischen Ausdrucksformen gleichwohl nie die Tradition: „Nach vorne denken und sich seiner Wurzeln bewusst sein. Tradition, das ist der Filter in die Zukunft.“ (Kirchner) Nach dem 2011 in Kiel uraufgeführten Savonarola sucht Kirchner in Gutenberg erneut die Auseinandersetzung mit einer ebenso visionären wie widersprüchlichen Persönlichkeit des europäischen Spätmittelalters.
Der Uraufführung von Kirchners Oper am Theater Erfurt geht ein erster Teil von Martina Veh im „Cyber-Himmel“ voraus, in dem sich vor allem der Chor szenisch mit der digitalen Revolution auseinandersetzt. Es werden Ausschnitte aus der Johannespassion und der h-moll Messe von Johann Sebastian Bach auf die Bühne gebracht und durch elektronische Klangwelten ergänzt: Durch die wechselseitige Durchdringung von digitalen und analogen Klängen wird die übergeordnete Thematik dieses Uraufführungsprojektes auf allen Ebenen sinnlich erfahrbar.
MASSE MENSCH
Volker David Kirchners Oper Gutenberg ist der Ausgangspunkt unserer Konzeption für den eröffnenden Teil dieser Inszenierung – Digitale Revolution. Vier wesentliche Elemente fanden wir dazu in Kirchners Partitur:
1. Der offene Schluss: Der tote Gutenberg begegnet im Himmel dem Apple Gründer Steve Jobs. Dies führte uns zwangsläufig dazu, den ersten Teil des Abends in den Cyber-Himmel zu verlegen – im Libretto spricht Kirchner selbst vom „Cyberspace“ – und über die digitale Revolution unserer Zeit in Bildern nachzudenken, und ferner zur Entscheidung, jene Ikone der Gegenwart, Steve Jobs, als Figur mit all seinen Topoi einzuführen.
2. Die Machtverschiebung, die Gutenberg’s Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern nach sich zog, lässt sich bei Kirchner anhand des Konflikts mit der Kirche – konkret in der Begegnung mit dem Probst – sehr gut ablesen. Im Gegenzug denken wir im ersten Teil über Verschiebungen in der heutigen Gesellschaftsstruktur nach, die die digitale Revolution ausgelöst hat, etwa das Verhältnis von „Masse Mensch“ zu „Masse Ware“.
3. Kirchner stellt die Frage nach dem Bewusstsein der Menschen für ein verändertes Weltbild und die damit verbundenen Chancen. Wie bewusst waren sich die Menschen damals der Möglichkeit der Revolution? Welche Chancen und Möglichkeiten haben wir heute, und sind wir uns ihrer offenen Auges und Ohres bewusst?
4. Der Erfinder und sein individueller Tod. Nicht selten hat auch ein Erfinder bahnbrechender Neuerungen im Angesicht des Todes mit den allzu irdischen Umständen zu kämpfen, auch wenn er diese zu negieren versucht, wie z.B. Steve Jobs in seinen Betrachtungen eines Managers: „Sogar Menschen, die in den Himmel kommen wollen, wollen dafür nicht sterben“, so Jobs einige Jahre vor seinem Krebstod.
Große Fragen verlangen große Musik. Bachs Kosmos seiner Johannespassion und der h-Moll-Messe sind unser Spielfeld im ersten Teil, denen wir mit Bildern und elekronischer Musik von Gunnar Geisse begegnen. Hauptdarsteller ist der Cor – die Masse Mensch - , geworfen in das digitale Universum.
Martina Veh